Der Auftrag
Alles war eigentlich wie immer. Die leblose Person auf dem Boden, das Blut, das nur so floss. Es war ein sauberer Schuss gewesen, direkt in die Nähe des Herzens, genau so, wie Viktor es mir einst beigebracht hat.
Doch heute fühlte es sich irgendwie falsch an. Vielleicht lag das am Sandwich, das ich vorhin gegessen hatte oder auch daran, dass ich vorhin den falschen Mann erwischt hatte. Nun ich würde nicht sagen, ich wäre nun eine schlechte Person. Ich hatte eben nur einen Fehler begangen, einen sehr großen sogar, der mich wahrscheinlich meine Karriere kosten würde. Schlimmstenfalls mein Leben. Zum ersten Mal hatte ich den Bericht nicht gründlich durchgelesen. Doch ich war mir ziemlich sicher, am richtigen Ort zu sein. Das Haus stimmte also, nur die Person war die Falsche. So einen Anfängerfehler zu machen, war ziemlich peinlich und jetzt musste ich das ausbaden. Entweder es wie Selbstmord aussehen zu lassen oder den Körper komplett zu entsorgen. Beides war nervig. Wenn ich mich recht erinnerte, sollte Robin Moulin -20 Jahre alt und vor einem Monat hier eingezogen – genau um 14 Uhr hier sein. Ich hatte also 30 Minuten Zeit, um mein Leben zu retten und den Körper verschwinden zu lassen- und egal, wie sehr ich es hasste es zuzugeben, brauchte ich Hilfe und zwar von niemand anderen als von Viktor Selbst. Normalerweise würde ich alles tun, um ihn nicht anzurufen, doch dieses Mal musste es sein. Ich wählte seine Nummer und wartete.
„Hallo?”
„Hey, wie geht es dir?”, fragte ich.
„Sage, was hast du wieder getan?”
„Hey, was meinst du, was habe ich wieder getan? Ich brauche deine Hilfe “
Es schmerzte mich sehr, das laut auszusprechen.
„Ich habe aus Versehen die falsche Person getötet und naja ich habe nur noch”, ich schaute kurz auf meine Uhr, „genau 25 Minuten Zeit, um das alles weg zu räumen.”
„Ach Gott, so was kann auch nur dir passieren, oder?”, Er seufzte laut ins Telefon.
„Ist es der Franzose?”
„Yup”, antwortete ich.
„Bin in 5 Minuten da”, sagte er und legte auf. Ich suchte ein Lappen, um das Blut weg zu wischen und schon war Viktor da. Natürlich musste er durch das Fenster klettern, auch wenn die Tür offen war. Er schaute mich kurz an , dann bewegte er sich zur Leiche.
Er nickte. „Sauberer Schuss”, sagte er.
„Wenn sie uns finden, ist das unser Ende”, sagte ich.
„Was meinst du mit UNS? Das wäre dein Ende.” Er packte seine Beine.
„Außerdem war es nur ein Schuss, also relax, es hätte ihn schlimmer treffen können.”, sagte er und lachte.
„Es hätte ihn gar nicht treffen müssen!” sagte ich verzweifelt.
„Seit wann tun dir deine Opfer leid? Vielleicht hast du dir den falschen Job ausgewählt ”
Wir hoben den schweren Körper an. Ich ließ seine Arme fallen und sein Kopf prallte auf den Boden. Er würde es sowieso nicht mehr spüren können.
„Er sollte ja nicht mein Opfer sein”, sagte ich.
„Sollen wir ihn verbrennen?” , fragte Viktor und sein Gesicht leuchtete allmählich auf. Würde ich ihn noch nicht so lange kennen, hätte ich Angst vor ihm.
„Sehr lustig!” sprach ich.
Dann drehte sich das Schloss, die Tür öffnete sich und da stand Robin – das eigentliche Opfer. Er sah für eine Sekunde verwirrt aus, doch dann hörte ich ein Schuss und er fiel zusammen. Ich schaute Viktor an. Er zuckte nur mit den Schultern.
„Was? Er musste doch sterben“, sagte er und flüsterte mir noch ein leises “Bitte schön!”, dabei formten seine Lippen, jeden einzelnen Buchstaben.
Jetzt würden wir also gleich zwei Körper entsorgen müssen. Aber ja, Viktor hatte wie immer Recht. Robin hatte sterben müssen. So lautete der Auftrag.